NJV-Roadtrip - Elfter Halt: SV Nienhagen

Monatlich begeben wir uns auf eine kleine Erkundungstour durch die niedersächsische (Judo-)Vereinslandschaft. Ob große oder kleine Clubs, leistungs- oder breitensportorientierte Schwerpunkte, Judo für jung oder alt - viele Vereine bieten außergewöhnliche Angebote für ihre Mitglieder, die wir Euch einmal im Monat vorstellen.

Mit dem Männerteam ist der SV Nienhagen ab 2021 in der 2. Judo-Bundesliga vertreten.

Auch neben der Matte ein starkes Team: Der SV Nienhagen beim Serengeti-Run.

2018: Die KG SV Nienhagen / Lingener JV wird Deutscher Pokalsieger

2019: Beim Deutschen Jugendpokal wird die KG SV Nieenhagen / JC Osnabrück Vizemeister.

Unseren elften Halt auf unserer Reise durch den NJV machen wir diesmal im Landkreis Celle in der Gemeinde Nienhagen. Mit Wettkampferfolgen, darunter zuletzt das grandiose Abschneiden des SVN-Nachwuchses beim Deutschen Jugendpokal, macht die Judosparte des Vereins immer wieder auf sich aufmerksam. Und auch neben der Matte heben sich die Nienhagener Judoka durch ihr ehrenamtliches und soziales Engagement hervor, indem sie mit unterschiedlichen Projekten immer wieder Hilfs- und Spendenaktionen für bedürftige Menschen organisieren (mehr dazu erfahrt Ihr im Interview).
Bevor wir alles verraten, stellt sich das Team um Spartenleiter Maik Edling mit einer kleinen Geschichte und Einblicken in das Leben eines SVN-Judoka im unteren Teil des Interviews selber vor. Zuvor wollten wir dem Männerteam des Vereins jedoch erst einmal zum Aufstieg in die zweite Bundesliga gratulieren und darüber hinaus wissen, wie die Nienhagener die Coronakrise bisher bewältigt haben.

Erst einmal: Herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg in die zweite Bundesliga. Wir freuen uns, dass ein weiteres Team den NJV in der Bundesliga vertritt. Was hat euch dazu bewogen, die Chance des DJB anzunehmen und die Lücken in der 2. Bundesliga durch Eure Teilnahme zu schließen? Was sind Eure Ziele für das „Projekt 2. Bundesliga“?
Die Landesliga des SV Nienhagens steigt in die zweite Bundesliga auf, das ist richtig und darauf freuen wir uns schon sehr. Unsere Ziele für die Saison sind recht einfach. Wir wollen Spaß haben und dabei sein. Wir gewinnen und verlieren als Mannschaft zusammen.

Müsst Ihr Euch mit vielen Kämpfern verstärken oder geht Ihr mit dem gleichen Team, mit dem Ihr schon 2019 den Landesliga-Titel gewonnen habt, an den Start?
Unser Team besteht überwiegend aus eigenem Nachwuchs, wie bereits in der Landesliga. Unterstützung bekommen wir zusätzlich von den Judo Crocodiles Osnabrück, Judo in Holle und dem Lingener Judo Verein.

Wie hat Euer Verein die Auswirkungen der Pandemie überstanden? Was gab es für Angebote – trotz zeitweise eingestelltem Trainingsbetrieb und Abstandsregeln?
Während Corona mussten auch wir leider einige Wochen pausieren, jedoch haben unsere Eltern uns immer weiter unterstützt und sind uns treu geblieben. Wir Trainer haben uns zusammengesetzt und ein Konzept entwickelt, wie wir wieder auf die Matte können. Zum Beispiel haben wir nach jeder Nutzung die Matte und verwendete Geräte gründlich nach Vorschriften gereinigt oder auch desinfiziert. Die Eltern haben uns unterstützt und darauf geachtet, dass beispielsweise ihre Kinder sich vor und nach dem Training die Hände waschen, Judoanzüge regelmäßig gewaschen und gelüftet werden.
Wir führen Listen und beim Betreten und Verlassen der Halle wird eine Mund- und Nasenbedeckung getragen. Außerdem wurden natürlich alle weiteren Vorgaben eingehalten und erfüllt.
Die Kinder haben feste Trainingspartner und es gibt wenig Partnerwechsel. Wir haben uns dann vor allem auch auf die Technikumsetzung konzentriert. Bei den Kleinsten gab es erstmals keinen engen Körperkontakt und Bodentraining oder Spiele wurden von einem neuen Begleiter mitgemacht. Dieser war ein mitgebrachtes großes Kuscheltier, welches nur der Besitzer anfassen und berühren durfte. Das kam super an und die Kinder haben Spaß gehabt.
Auch auf Gürtelprüfungen und die erste Dan Prüfung haben wir uns in der Zeit viel konzentriert und uns vorbereitet. Dies natürlich auch unter Vorgaben, einem Konzept und Regeln. Momentan ist auch bei uns der Betrieb wieder zu. Wir lassen uns aber davon nicht unterkriegen und hoffen, dass es bald wieder weitergeht.

Ihr seid dafür bekannt, immer wieder großartige und außergewöhnliche Aktionen auf die Beine zu stellen. Zum Beispiel unterstützten Eure Athleten Anfang des Jahres die Typisierungsaktion „Judoka gegen Blutkrebs“ um Yvonne, einer an Krebs erkrankten Judo-Freundin, zu helfen. Und auch die Aktion Judoka für Judoka unterstützt Ihr unter anderem durch von Euch organisierte Trainingseinheiten mit Nationalmannschaftsathleten. Wie kommt es zu diesem Engagement, das über die Judomatte hinaus geht?
Auf unser Engagement sind wir sehr stolz. Wir versuchen uns immer stets auch außerhalb der Matte sozial einzubringen. Wir sind immer motiviert und haben viele engagierte Eltern, Sportler und Trainer, die uns unterstützen. Wir sind immer froh, wenn wir Freunden oder Sportlern helfen können, denn wir sind wie eine große Familie. Bei unserem neuesten Projekt mit Anna Monta Olek, „Ihr seid nicht allein“, unterstützen wir in der Weihnachtszeit die Alten- und Pflegeheime, indem wir diese mit Christstollen und kleinen Geschenken überraschen und eine Freude bereiten. Die älteren Menschen sind momentan viel allein und können nur wenig Besuch von ihren Familien bekommen und auch die Pflegekräfte kommen teils an ihre Grenzen, geben aber nie auf. Da kommen wir ins Spiel und sagen einmal Danke, dass ihr da seid und: IHR SEID NICHT ALLEIN!

Wie können wir uns ein „Leben als Judoka im SV Nienhagen“ vorstellen? Was ist das Besondere an Eurer Sparte?
Um Euch einen Einblick in unser Vereinsleben zu geben, beschreiben wir am besten einen typischen Lebenslauf eines unserer Mitglieder:
Unsere Reise beginnt im Alter von ca. 5 Jahren. Mit Deiner Mutter oder Deinem Vater besuchst Du das erste Mal die Eltern-Kind-Gruppe der Judosparte in Nienhagen und hast einfach Spaß daran, Dich auszutoben. Du baust langsam Vertrauen zu Deiner neuen Umgebung auf. Dabei ist es besonders schön, dass Mama oder Papa immer dabei sind und mitspielen, wenn Du neue Freunde kennenlernst.
Kurze Zeit später - Du bist nun ein bisschen älter. Die Freundschaften haben sich gefestigt und Du freust Dich, nun zweimal in der Woche zum Judo zu kommen. Deine Eltern machen zwar nicht mehr direkt mit, sehen aber vielleicht von der Tribüne aus zu, wie Du spielst, Motorik und Gleichgewicht ausbildest und lernst aufzustehen, wenn Du einmal hingefallen bist – was im Übrigen gar nicht mehr so wehtut, seit Du die neuen Fallübungen kennst.
Allmählich lernst Du etwas Judo und fängst an, Deine Umgebung besser wahrzunehmen. Du stellst vielleicht Fragen, zum Beispiel, warum die Mutter von Ashya, Deiner neuen Freundin, ein Kopftuch trägt oder warum Du einen neuen Trainer hast, weil der bisherige so viel für die Schule lernen muss.
Nun bist Du schon 11 und bist jetzt in der nächsten Altersgruppe. Zwar noch nicht einer der „Großen“ aber Judo wird immer interessanter. Am Wochenende fährst Du zu Turnieren und entwickelst Ehrgeiz. Es folgen die ersten Kader-Trainings und Du profitierst davon, dass der SV Nienhagen Jugendaußenstützpunkt des Landes Niedersachsens ist. Manchmal ärgert es Dich noch, dass Du gerade nicht mit Deinem besten Freund trainieren kannst, aber beim Judo übt jeder mit jedem. So ist das Motto, denn seinen Partner kann man sich auch nicht auf der Wettkampfmatte aussuchen. „Mit dem will ich nicht“ gibt es einfach nicht.
Während Du Dich langsam in Richtung Pubertät entwickelst, hilft Dir der Sport. Es tut mitunter einfach gut sich auszupowern, um dann neue Kraft für anderes zu haben. Abgesehen davon hast Du guten Kontakt zu jungen Erwachsenen, die Deine Übungsleiter oder Trainingspartner sind. Das hilft Dir ebenfalls, denn es ist jetzt völlig uncool mit den eigenen Eltern über Probleme zu sprechen.
Schließlich verbringst Du auch erstmals Teile Deiner Ferien ohne Mama und Papa, sondern im Zeltlager mit den Freunden vom Judo. Organisiert und betreut von den Trainern und Übungsleitern der Sparte. In sportlicher Hinsicht kannst Du Dich völlig frei entfalten, da sowohl eine Leistungsgruppe, als auch eine Breitensportgruppe angeboten wird. Die Trennlinie der beiden Gruppen verschwimmt des Öfteren durch gemeinsame Trainings(-teile), da man nur durch einen Vorhang in der Sporthalle voneinander getrennt ist. Natürlich nimmt der Sport eine ganze Menge Zeit in Anspruch. Während es für Dich die schönste Zeit ist, sorgen sich Deine Eltern vielleicht ein wenig um die Schulnoten. Als Mathe irgendwann „einfach zu schwer“ wird (oder zumindest so erscheint) bietet Dir einer der jungen Übungsleiter Nachhilfe an und Du bekommst wieder den Überblick. Dabei erfährst Du, dass dies schon immer so gehandhabt wird, schließlich kenne man sich ja am besten und wisse, wie der anderen denkt.
Mittlerweile bist Du circa 16 vielleicht 17 Jahre alt und machst erste Erfahrungen damit, selber eine Gruppe zu leiten. Zunächst mit Hilfe eines erfahrenen Trainers und dann immer selbstständiger. Es macht Dir Spaß „den Kleinen“ Judo zu zeigen und diese Erfahrung tut Dir gut. Du trägst Verantwortung und lernst, dass Kinder nicht unbedingt so reagieren, wie Du es gewohnt bist. Dabei entwickelst Du Deinen ganz persönlichen Stil und feierst die Turniererfolge Deiner Gruppe mindestens so wie die eigenen. Kurze Zeit darauf darfst Du offiziell in der Erwachsenen-Mannschaft (stets eine der jüngsten in der Liga) mitkämpfen und fühlst Dich auch als jüngstes Mitglied unheimlich stark. Denn auch wenn Du allein auf der Matte stehst, weißt Du doch, dass in diesem Moment alle Augen auf Dich gerichtet sind und alle klatschenden Hände Deinen (Teil-)Erfolg für die Mannschaft feiern. Natürlich kann man nicht immer gewinnen, doch geteiltes Leid ist halbes Leid und dass fast alle gekommen sind, um anzufeuern, ist immer wieder das schönste daran und ein unglaubliches Gefühl. Die Entwicklung in den nächsten Jahren wird sehr unterschiedlich sein. Vielleicht wirst Du in Kürze einem Deiner Schützlinge Nachhilfe geben, entwickelst Dich zum Profisportler oder engagierst Dich mehr in der Spartenleitung.
In den meisten Fällen erlaubt der Berufseinstieg oder Studienbeginn nach Beenden der Schule allerdings kaum, dass Du noch so viel Zeit in den Sport investieren kannst.
Doch dies bedeutet keinesfalls einen Kontaktabbruch.
Die neuen Medien, allen voran Facebook und Instagram ermöglichen es Dir, auf dem Laufendem zu bleiben und da alljährlich zur Weihnachtszeit viele den Weg in die Heimat antreten, gibt es bei uns eine kleine Tradition. Jedes Jahr am ersten Weihnachtstag um 10.00 Uhr treffen sich alle Wiedergekehrten zum gemeinsamen Fußballspiel. Dabei werden die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht und man kann auf einfachem Weg viele alte Freundschaften pflegen.
Schließlich bleibt noch unsere Seniorengruppe zu erwähnen, die sich allwöchentlich fit hält und bei der Du nicht die/der erste Wiederkehrer/in wärst.

Aktuelle Infos über die Judoka vom SV Nienhagen findet Ihr auf der Website des Vereins und bei Facebook.

In einem Monat geht es dann schon weiter auf unserer Reise querbeet durchs Land. 
Wenn Ihr Empfehlungen für eine unserer nächsten Stationen habt, gebt uns Bescheid (Mail).