NJV-Roadtrip - Zehnter Halt: MTV Elze

Monatlich begeben wir uns auf eine kleine Erkundungstour durch die niedersächsische (Judo-)Vereinslandschaft. Ob große oder kleine Clubs, leistungs- oder breitensportorientierte Schwerpunkte, Judo für jung oder alt - viele Vereine bieten außergewöhnliche Angebote für ihre Mitglieder, die wir Euch einmal im Monat vorstellen.

Glückliche Sieger bei der Preisverleihung in den Räumen der Volksbank in Hildesheim. In der Mitte: Svenja Grabert (Jugendwartin des MTV Elze), Annika Hurnaus (Judo-Spartenleiterin), Christine Meier (Kassenwartin des MTV Elze)

Der große Stern des Sports in Bronze.

Ergebnis einer Kreativ-Aufgabe während des Lockdowns: Das Motto der Elzer Judoka.

Die große Elzer "Judo-Familie" - hier bei einer Judo-Schau aller Gruppen 2018.

Sterne des Sports: Ein Wettbewerb für Sportvereine, mit dem der gesellschaftliche Einsatz von Ehrenamtlichen und deren besonderes soziales Engagement gewürdigt wird. Durchgeführt wird der Wettbewerb jährlich durch den Deutschen Olympischen Sportbund und die deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, indem kreative und innovative Projekte des Vereinsangebots verbunden mit einer Geldprämie ausgezeichnet werden.

Die Ehre, diesen Wettbewerb auf regionaler Ebene zu gewinnen, wurde vergangene Woche der Judosparte des MTV Elze, die der Judo-Region Weser-Leine-Bergland angehört, zuteil. Die Auszeichnung mit dem großen Stern des Sports in Bronze nehmen wir zum Anlass, um den Elzer Judoka auf unserer Reise durch den NJV einen Besuch abzustatten und natürlich auch, um ihnen im Namen des gesamten Verbands zu dieser außergewöhnlichen Anerkennung zu gratulieren.
Den „Oscar des Breitensports“ bekam die Judosparte, insbesondere für ihre kreativen Angebote, die das Team rund um Spartenleiterin Annika Hurnaus seit Beginn der Corona-Pandemie für ihre Mitglieder auf die Beine stellt, verliehen. Unter dem Motto: „Elzer Judoka vereinigt Euch – Gemeinsam stark durch die Corona-Zeit“ schaffte es der Verein der Ausnahmesituation zu trotzen und „zur Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Lebens beizutragen“, lobte Volker Böckmann, Vorstandsmitglied der Volksbank, das überdurchschnittliche Engagement. Welche Ideen der MTV Elze in die Tat umsetzte, was die Auszeichnung für die Ehrenamtlichen bedeutet und was ganz nebenbei auch noch alles organisiert wird, fragten wir Annika Hurnaus im Interview:

Ihr habt gerade den Großen Stern des Sports in Bronze – die höchste regionale Auszeichnung dieses Wettbewerbs – gewonnen. Habt ihr damit gerechnet?
Wir haben in den letzten Jahren immer mal wieder damit geliebäugelt, uns für diesen Wettbewerb zu bewerben, weil wir doch einige Aktionen und Projekte durchführen, aber bislang hatten wir uns nie „getraut“, weil man immer das Gefühl hatte, dass es nicht „genug“ ist.
Dieses Jahr war sowieso schon alles anders – und mit den ganzen Corona-Aktionen im Rücken habe ich dieses Mal Mut gefasst und unseren „Hut“ ins Rennen geworfen. Dass wir dann gleich beim ersten Mal den Bronze-Wettbewerb gewinnen – und das gegen Vereine, die professionellere Strukturen und auch wahnsinnig gute Projekte haben -, hatten wir nicht erwartet. Umso größer war die Überraschung und natürlich auch die Freude, denn es ist einmal eine Anerkennung und Würdigung „von außen“, was einem Ehrenamtler doch echt guttut.

Wisst ihr schon, wofür Ihr das Preisgeld in Höhe von 1500 Euro einsetzen werdet?
Wir haben jetzt kein konkretes Projekt, für das wir das Geld investieren wollen. Aber durch den Wegfall unseres alljährlichen Himmelfahrtsturniers und weiterer Ausrichtungen sind uns schon einige Einnahmen weggebrochen, die wir immer in Sparten-Aktionen investieren. Da wir in diesem Jahr – so Corona es zulässt – noch einiges geplant haben, kann man mit dem Betrag im Rücken natürlich deutlich entspannter planen. So habe ich für unser Halloween-Wochenende am Tag nach der Preisverleihung direkt – ganz dekadent – Amerikaner beim Bäcker bestellt - anstatt mich dann an zwei Abenden/Nächten selbst in die Küche zu stellen. Des Weiteren bin ich so in der komfortablen Lage, unseren Trainern und Assistenten, die allesamt in den doch schwierigen letzten Monaten zur Stange gehalten und uns total unterstützt haben, auch das übliche Weihnachtsgeschenk als kleinen Dank zukommen zu lassen. Sonst wäre dies vermutlich kleiner ausgefallen – und hätte nicht das wiedergespiegelt, was in diesem Jahr geleistet wurde.
Und einen größeren Wunsch hätten wir schon: Wenn die Normalität hoffentlich irgendwann wieder zurückkehrt und unsere Gruppen sich wieder mischen und zusammen in der Halle sein dürfen, würde ich gerne ein tolles Wochenend-Event veranstalten – gern auch mit einem „Star“-Trainer oder -Sportler. Dafür wird dann sicherlich ein Großteil des Betrages „auf den Kopf“ gehauen“ – wir freuen uns schon darauf!

Wir haben zwar schon einmal während der Coronazeit über Euer Engagement berichtet, aber erzählt doch trotzdem einmal kurz, was Ihr während des letzten halben Jahres alles auf die Beine gestellt habt.
Angefangen hat eigentlich alles mit der kurzfristigen Idee, eine WhatsApp-Gruppe zu gründen – der Rest entwickelte sich dann „fast von selbst“ und der Einfallsreichtum wurde immer größer.
In den Osterferien nutzten wir diese Gruppe, um täglich Aufgaben zu stellen – mal waren dies kleine Workouts, mal waren es kreative Aufgaben (Ode an das Klopapier, Fotoaufgaben…), aber auch spaßige Aktionen für die ganze Familie, wie z.B. eine Kraftsportolympiade oder eine Schatzsuche. Nach den Ferien veränderte sich das Angebot, denn alle hatten nun mit den Anforderungen des Homeschoolings/Homeoffices zu kämpfen. So stellten wir für das Montagstraining eigene Videos mit kompletten Trainingseinheiten zum Nachmachen zur Verfügung und boten donnerstags Online-Training via Zoom an. Hier wurde man natürlich über die Zeit auch immer kreativer, was die praktische Anwendung von Haushaltsgegenständen betrifft. Gleichzeitig gab es aber weiterhin noch spaßige Challenges und an den Wochenenden manchmal auch noch Aktionen für die Familie, wie z.B. eine Piratenrallye. Wir waren im Ort die ersten, die sich auf dem Sportplatz trafen als es wieder möglich war – über 40 Kids begrüßten wir im Mai auf der großen Anlage-, aber auch die ersten, die ein Hygienekonzept einreichten und wieder in die Halle konnten.
Wir machten unseren Sportlern Online-Gürtelprüfungen möglich und richteten unser alljährliches Himmelfahrtsturnier in diesem Jahr virtuell für über 40 Kids aus den verschiedensten Vereinen Niedersachsens aus. Das war zwar sehr „speziell“, aber es hat riesigen Spaß gemacht, die glücklichen und ausgepowerten Kids zu sehen.
Neben dem Judo-Sport und unserer Gemeinschaft war es uns aber auch wichtig, über den Tellerrand hinaus zu blicken: Im Sportlichen passierte dies durch die Einrichtung eines Youtube-Kanals, auf dem wir allgemeine Fitnessvideos einstellten, sowie das Angebot für „Rent a Trainer“. An Ostern bastelten wir fleißig für die Bewohner des örtlichen Seniorenstifts, die zu dem Zeitpunkt noch keinen Besuch empfangen durften, am abgesagten Müllsammeltag der Stadt Elze gingen unsere Sportler dennoch los und sammelten familienweise Müll und wir stellten uns im Ort als Einkaufshelfer zur Verfügung. Innerhalb unserer Gruppe boten wir einander Unterstützung beim Lernstoff für die Schule an, denn die Kids wurden hier ganz unterschiedlich von ihren Schulen versorgt.
Klar konnten wir seit Juli „normal“ trainieren, aber „normal“ ist noch gar nichts: In den Sommerferien boten wir einmal die Woche vormittags für die Kids Programm an, damit sich die Eltern Urlaubstage sparen konnten. Gleichzeitig gingen wir mit ihnen auf Weltreise – jede Woche bekamen sie ein neues „Paket“ mit diversen Informationen, Basteltipps, Rezepten, Experimenten etc. zu einem neuen Kontinent. Das Angebot wurde sehr gern angenommen.
Aber auch aktuell können wir unsere gemeinsamen Aktionen nicht so planen wie immer, unseren Sportlern etwas anbieten wollten wir aber dennoch. Wir haben im September also ein „Themenwochenende“ durchgeführt und haben uns in sämtlichen Kinder-Trainingsgruppen auf die Spuren von Asterix und Obelix begeben – von einem Gallier-Training bei den Vorschulkids hin zu zwei Stadtrallyes, damit die Gruppen getrennt werden konnten. Ein weiteres Themenwochenende planen wir Ende Oktober – dieses Mal zum Thema „Halloween“ bzw. „Harry Potter“. Aber hierzu will ich nicht zu viel verraten, denn es lesen hier jetzt sicher auch die mit, für die es noch ein wenig Überraschung sein soll.

Auch unabhängig vom Angebot, das Ihr trotz oder gerade wegen der Pandemie für Eure Mitglieder organisiert habt, seid Ihr seit langer Zeit einer der Vereine im NJV, die durch sein Engagement, kreative Ideen und vor allem durch seinen Team-Geist und positiven Auftritt auf sich aufmerksam machen. Was ist das Geheimnis hinter Eurem Erfolg?
Das ist eine sehr gute Frage, die ich mir manchmal tatsächlich auch selbst stelle und nicht so ganz beantworten kann. Ich denke aber, wir haben über die Jahre durch gemeinsame Aktionen, Wettkampferlebnisse, aber auch einen offenen Umgang miteinander ein Umfeld geschaffen, in dem sich viele wohlfühlen. Es ist über die Jahre ein tolles Team zusammengewachsen, das für (fast) alles zu begeistern ist, sich engagiert einbringt und mit viel Motivation die Aktionen angeht. Damit meine ich nicht nur „mein“ Trainerteam, sondern auch zahlreiche Erwachsene (und auch Eltern!) unserer Sparte, die immer zur Verfügung steht, wenn für die Kinderaktionen noch Helfer gesucht werden, ein Judo-Tag auszurichten ist oder ich mir wieder irgendeine Verrücktheit ausgedacht habe. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass wir wirklich sehr viel Zeit in die Organisation und detaillierte Ausarbeitung von Aktionen investieren – und das, obwohl die treibenden Kräfte sehr wohl berufstätig sind und nicht etwa „zu viel Zeit“ haben. Das muss man aber wirklich wollen! Und dann ist vieles ein „Selbstläufer“ – mit diesem Vorbild fühlen sich jüngere Sportler motiviert, selbst im Trainerteam mitzuarbeiten, durchlaufen die Ausbildung, bringen neue Ideen ein und übernehmen Aufgaben. So wird die Zahl der motivierten Teammitglieder immer größer und das überträgt sich natürlich auch auf die Kinder. Eltern bemerken, ob jemand mit Herzblut dabei ist und ob man die Kinder guten Wissens abgeben kann. Es ist kein einziger Judoka in dieser Corona-Zeit wegen fehlender Trainings ausgetreten, sondern man hat vielmehr das Gefühl, dass durch all die Aktionen die Gemeinschaft noch einmal mehr gestärkt wurde.

Wie haben Eure Mannschaften (Landesliga der Männer und Frauen) den Ausfall der Landesliga verkraftet? So wie wir Euch kennen, habt Ihr doch bestimmt auch für sie ein alternatives Programm auf die Beine gestellt, oder?
Die Absage des ersten Kampftages Mitte März, genau an dem Wochenende als die Schulen plötzlich schlossen, hat uns zunächst schon etwas geschockt. Es waren alle hochmotiviert und bereit, in die neue Saison zu starten; für unsere Männer wäre es nach dem Aufstieg auch die Premiere in der Landesliga gewesen. Zu diesem Zeitpunkt konnte man aber auch noch gar nicht absehen, wie lange sich diese Situation noch hinziehen würde. Umso hoffnungsvoller blickt man jetzt auf 2021…wir werden sehen..
Bei uns sind die Erwachsenen, und damit die Liga-Teams, ein Teil der großen Elzer Judo-Familie wie die Kinder auch. Wir trennen das nicht. Und auch die „Fremdstarter“ werden bei allen Aktionen genauso integriert als hätten sie „MTV Elze“ im Pass stehen. Insofern haben auch die Erwachsenen munter die bereitgestellten Trainingsprogramme absolviert und sich mit Spaß an Schatzsuchen, Fotoaktionen etc. beteiligt. Natürlich haben wir auch in den Sommerferien das Trainingsprogramm wieder angezogen, damit alle wieder schnell so fit sind wie vorher. Wir unternehmen jedes Jahr eine Fahrt mit der Erwachsenengruppe inklusive Ligateams in eine Jugendherberge. Diese Fahrt konnten wir zum Glück auch in diesem Jahr durchführen und verbrachten mit rund 30 Leuten ein tolles Wochenende in Goslar. Dies alles stärkt die Gemeinschaft, sodass sich Siege auch künftig besser feiern, aber auch Niederlagen schneller vergessen lassen. 

Wir haben gehört, dass ihr ab November eine neue Gruppe in das Trainingsangebot Eurer Judosparte integriert. Worum geht’s?
Der MTV Elze hat sich im Frühjahr 2019 auf den Weg gemacht, gemeinsam mit dem Kreissportbund Hildesheim sowie dem hiesigen Kinderschutzbund ein Präventions- und Schutzkonzept zu erarbeiten. Hieran sind auch wir Judoka maßgeblich beteiligt. Nach meiner Beteiligung im diesbezüglichen NJV-Projekt konnten auch entsprechende Impulse in den Hauptverein gegeben werden. In diesem Zusammenhang, und auch aufgrund einer konkreten Anfrage, kam nun der Gedanke, zusätzlich zu unseren bisherigen Aktivitäten noch eine Judo-Frauen-Gruppe zu eröffnen. Gedacht, getan: Am 6.11. gehen wir damit an den Start. Fünf erfahrene Judo-Trainerinnen aus den eigenen Reihen werden diese Gruppe gestalten und begleiten. Angesprochen werden sollen natürlich nicht nur Frauen, die mit sexualisierter Gewalt in Berührung gekommen sind, sondern auch diejenigen, die aufgrund kultureller und religiöser Hintergründe in keine gemischte Gruppe gehen wollen. Natürlich ist auch jede andere Frau willkommen, die gern im „geschützten Rahmen“ Judo erlernen will. Wir freuen uns schon sehr darauf und sind gespannt, wie die Resonanz sein wird.

Nach dem Gewinn der lokalen Auszeichnung in Bronze haben sich die Elzer nun sogar für den Wettbewerb auf Landesebene um den silbernen Stern des Sports qualifiziert. Wir drücken Euch weiterhin die Daumen und danken an dieser Stelle herzlich für das Interview!

Weitere Infos über die Judoka vom MTV Elze findet Ihr auf der Website des Vereins.

In einem Monat geht es dann schon weiter auf unserer Reise querbeet durchs Land. 
Wenn Ihr Empfehlungen für eine unserer nächsten Stationen habt, gebt uns Bescheid (Mail).