Unsere NJV-Gesichter: Schulsportreferent Oliver Pietruschke

Zwar können wir zur Zeit nicht über das aktuelle Wettkampfgeschehen, Lehrgänge und andere Maßnahmen berichten - dafür haben wir aber umso mehr Zeit, mal hinter die Kulissen des NJV zu blicken! Wer steckt hinter den Judoka, die wir sonst nur auf oder neben der Matte, als Kämpfer, Kampfrichter oder Referent erleben?

In unserer neuen Rubrik "NJV-Gesichter" stellen wir Euch regelmäßig tolle Persönlichkeiten aus dem Verband vor. Heute an der Reihe

Oliver Pietruschke

Judo in der Schule - ein Thema, das leider immer noch viel zu selten Betrachtung und Gehör findet, obwohl so viele Potentiale dahinter stecken. Oliver Pietruschke ist derjenige, der sich sowohl im DJB als auch bei uns im NJV für vielfältige Angebote in den Schulen einsetzt. Was unseren Sport für den Schulkontext so besonders macht, wo die Zukunftschancen liegen und was man als Lehrer so macht, wenn die Schule aufgrund von Corona geschlossen ist, fragten wir unseren Schulsportreferenten im Interview:

Wie verbringst du die judofreie (und schulfreie?) Zeit?
Ganz judo- und schulfrei ist die Corona-Zeit für mich nicht. Schulisch gesehen, stehe ich in regem Austausch mit meinen Kollegen und Klassen. Wir bereiten den stufenweisen Wiedereinstieg in unserer Schule vor, planen Unterricht zu noch relevanten Inhalten in diesem Jahr und setzen diesen digital über Arbeitsmaterial, Tutorials sowie Online-Videokonferenzen mit den Klassen um. Ich habe diese neue Situation und Not genutzt, um mich in eine digitale Umsetzung von Unterricht einzuarbeiten und dies wie viele Andere gleichermaßen auch als Lösungsansatz für den Judobereich zu nutzen. Im Verein geben wir unseren Gruppen über WhatsApp nette Tagesaufgaben. Jeweils eine Kreativaufgabe und eine Fitnessaufgabe. Für die Erledigung bekommen sie jeweils einen Punkt für die Vereinsrangliste. Die Aufgaben erstellen wir teilweise selber in Form von Videoclips, tauschen uns mit befreundeten Vereinen aus oder bedienen uns auf den Verbandsseiten. Demnächst steht noch eine vorbereitete weiß-gelb Gurt Onlineprüfung, zu der wir ein Vorbereitungsvideo gedreht haben und ein mögliches gemeinsames Online-Training an.
Auf der verbandlichen Seite NJV/DJB bereite ich gerade ein Video zum Kämpfen zu Hause für Jedermann vor. Adressaten sind insbesondere jüngere Kinder, die z.B. mit ihren Geschwister oder auch Eltern kleine Kampfspiele ausprobieren können, um Dampf abzulassen und vielleicht auch Interesse am Judosport bekommen. Sozusagen ein "Tag des Judo" für zu Hause. Ggf. fördert dieses in seinem geschützten und angeleiteten Rahmen auch den Aggressionsabbau und wirkt damit teilweise präventiv durch die kämpferische Sensibilisierung und den Spaß daran. Weiterhin arbeite ich in einzelnen Gremien des DJB/NJV und der Deutschen Schulsportstiftung mit an möglichen Szenarien und dem damit verbundenen Wiedereinstieg in den Judosport sowie an langfristigeren Projekten, die nach der Corona Zeit aufgelegt werden sollen.
Die übrige doch recht angenehm entschleunigte Zeit verbringe ich intensiv mit meiner Frau und meinen 5 Kindern.

Was machst du neben deinem Job und deinem Engagement im DJB und NJV?
Abgesehen von meinem Hobby Nr. 1 der Familie, versuche ich mich selber so gut es geht durch Radfahren, laufen, Spazieren gehen fit zu halten und habe wie eingangs schon erwähnt die Videografie zu meinem und dem Hobby meiner großen Kinder gemacht. Wir sind jeden Tag draußen und bringen Haus und Garten in Schuß.

Warum sollte es mehr Judo bzw. Ringen, Rangeln Raufen in der Schule geben?
Einerseits ist Schule der Schlüssel zur Mitgliedergewinnung in unserer heutigen Zeit, da sich der Großteil der Zeit für die Kinder in der Schule abspielt und unser Schulsystem darauf ausgelegt ist z.B. durch Kooperationen, aber auch durch seinen Sportunterricht die Menschen zum Sport zu bewegen und ihnen eine lebenslange sportliche Perspektive zu geben. Bei der Fülle an Sportarten in unserer heutigen Zeit würde Judo ohne Schulzugang noch weiter an den Rand seiner Existenz gerückt werden. In den Bereichen, in denen schulspezifische Fortbildungen stattfanden, wurde von den Teilnehmern durchgängig und unabhängig von der Schulform oder dem Alter das riesige Potential unserer Sportart festgestellt. Auch die Schulbehörden sehen in Niedersachsen das Potential und sind rege Fürsprecher für Kämpfen (speziell Judo) in der Schule. Der für Schülerinnen und Schüler erfahrbare geschützte Rahmen in dem gekämpft werden kann, sorgt dafür, dass Ängste weichen, Vorurteile minimiert werden, Akzeptanz geschaffen, Stress abgebaut und eine Menge über sich und andere gelernt werden kann. Zusätzlich ist es durch seine Ganzheitlichkeit in der sportlichen Umsetzung und Belastung kognitiv und unter Fitnessaspekten interessant.

Was wünschst du dir für die Zukunft (in Bezug auf Judo als Schulsport)?
Einerseits ein breit aufgestelltes Team an Judoka, die Judo professionell im Schulkontext in Form von Projekten und Fortbildungen verbreiten können, sowie viele Lehrerinnen und Lehrer, die an diesen Fortbildungen teilnehmen und Ängste bezüglich der Vermittlung abbauen. Andererseits viele Vereine, die über Kooperationen mit der Schule Judo in Form von AGs oder Projekten in die Schule tragen und im Optimalfall sogar dazu beitragen, Schulmannschaften für den Bundeswettbewerb der Schulen "Jugend trainiert für Olympia und Paralympics" zu etablieren und zu betreuen. Dazu wäre es schön, wenn sich benachbarte Vereine absprechen, zusammenschließen und sich die Arbeit teilen würden, um das Potential an einer Schule sinnvoll nutzen zu können. Bezüglich der Grundschulen wäre es schön, wenn ein Austausch zwischen nahgelegenen Schulen durch Vereine begleitet werden könnte und dort z.B. kleine Judo-Sumo-Turniere als Minischulwettkämpfe (ohne Judoerfahrung) stattfinden könnten. All diese Ansätze rücken Judo in die Öffentlichkeit und generieren Mitglieder für die Vereine vor Ort.

Hast du einen Buch oder Filmtipp für uns, den man unbedingt gesehen/gelesen haben muss?
Außer Fachliteratur habe ich in letzter Zeit leider wenig gelesen, mit etwas aktuellem kann ich da leider nicht aufwarten. Meine beiden Großen (10/12) haben aber gerade wohl zwei sehr spannende Bücher in nur 2 Tagen verschlungen:
Im Land der Stundendiebe, Thomas Mendl, Verlag Friedrich Oetinger
Young Sherlock Holmes - Der Tod liegt in der Luft, Andrew Lane, Fischer FBJ Verlag

Wir sind sehr gespannt, wie sich die Projekte und Ideen in der Zukunft umsetzen lassen. Vor allem hoffen wir mit Ideen wie denen von Oliver Pietruschke, unseren Sport weiterhin immer etwas weiter in die Öffentlichkeit zu rücken, den Schulalltag mit Judo-Angeboten zu bereichern und über diese Schiene vielleicht wieder mehr Mitglieder für unsere Vereine zu generieren.

Danke für dein Engagement, Oliver!!