Bis bald, Südafrika!

Das war sie also, die niedersächsische Judo-Reise in unsere Partnerregion Eastern Cape. Nach elf Tagen und um einige Erfahrungen reicher sind Maik Edling, Daniel Deppe, Janne Ahrenhold und Julian Jelinsky wohlbehalten wieder in Deutschland angekommen. Das Resümee:

Das harmonierte: Gerald Vena als Tori und Julian Jelinsky als Uke bei der Katame no kata.

Maik Edling und Daniel Deppe mit Sinqobile Shongwe bei den Südafrikanischen Meisterschaften.

Große und kleine neue Freundschaften: Bodenrandori von Janne Ahrenhold und einer der jüngsten Judoka am Eastern Cape.

Abschied am Flughafen: Die NJV-Delegation mit Sondisa Magana (links) und Lwazi Mapitiza (Mitte).

Egal ob in Deutschland oder Südafrika: Judo ist Judo! Genauso wie Musik oder Tanzen verbindet der Sport Menschen auf dem ganzen Globus miteinander. Eindrucksvoll zeigten das NJV-Vizepräsident Julian Jelinsky und Gerald Vena, der die gleiche Stelle am Eastern Cape innehat. Ohne jemals zuvor miteinander Judo gemacht zu haben, demonstrierten die beiden die Katame no kata ohne Schwierigkeiten oder einen nennenswerten Fehler am Abschlussabend im MJ’s Judo Dojo. Es war nicht nur für die beiden ein bewegender Moment, sondern auch für Außenstehende ein Symbolbild dieser Reise. „Das ist wie nach Hause kommen. Obwohl 10.000 km zwischen uns liegen, hatten wir sofort Anknüpfungspunkte. Es hat einfach funktioniert“, sagt Julian Jelinsky über einen der Aha-Momente der Reise.

Auch darüber hinaus konnten viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Judo an der Süd-Ost-Küste Afrikas und dem Norddeutschen Sport gefunden werden. „Zwischen den Judofähigkeiten südafrikanischer und deutscher Kinder konnte ich auf Vereinsebene keine großen Unterschiede ausmachen. Ich sah fleißige, disziplinierte und technisch gut ausgebildete Judoka“, zeigt sich Daniel Deppe positiv überrascht vom Können und der Motivation der Nachwuchssportler*innen am Eastern Cape. Genauso wie der NJV und der DJB hat auch JSA (Judo South Africa) mit den Folgen von Corona zu kämpfen. Mädchen und Frauen an den Sport zu binden und sie durch Judo zu stärken, ist ebenso eine aktuelle Herausforderung in Südafrika, wie auch bei uns.

Trotz unzähliger Parallelen waren für die NJV-Coaches insbesondere die Kontraste zwischen den Ländern spannend und bereichernd.

Dass gute Judoka auch ohne professionalisierte Verbandsstrukturen ausgebildet werden können, zeigten die gemeinsamen Trainingseinheiten und die kämpferische Leistung der Athlet*innen bei den Südafrikanischen Meisterschaften.

Am Eastern Cape sind es der Zusammenschluss einer großen Judofamilie und der ehrenamtliche Einsatz von begeisterten Judoka, die das System trotz zum Teil widriger Bedingungen am Laufen halten. Trainingsstätten ohne sanitäre Ausstattung und elektrisches Licht, undichte Dächer, zerrissene Judoanzüge und provisorische Matten, mit denen die Dojos anstatt einer klassischen Tatami ausgestattet sind, kennen wir in Deutschland nicht. Trotzdem hindern die Umstände Trainer*innen und Kinder nicht daran, Judo zu treiben. „Gute Judoka werden nicht in guten Hallen gemacht! Die Motivation und das Engagement der Trainer*innen scheint zumindest in Südafrika viel wichtiger, als neue Anzüge und Matten“, so Julian Jelinsky. Trotzdem darf nicht vergessen werden, „dass der Judosport zumindest strukturell noch in den Kinderschuhen steckt“, gibt Grasdorf-Trainer Daniel Deppe trotz aller Euphorie zu bedenken. Denn ohne finanzielle Mittel und entsprechende Strukturen bleiben den Judoka nicht nur die bessere Ausstattung von Hallen und Ausrüstung verwehrt, sondern auch die Förderung von Nachwuchstalenten.

Das beste Beispiel dafür ist der 16-jährige Sinqobile Shongwe. Aufgrund seiner nationalen Erfolge ist er als Vertreter Südafrikas für die Afrikanischen Meisterschaften (analog zu Europameisterschaften) der Altersklasse U18 nominiert. Da am Eastern Cape weder Vereine noch andere Institutionen in der Lage sind, ihre Athlet*innen finanziell zu unterstützen, trägt er die Kosten allein. Über den Verkauf von Eis und Spenden versuchen er, Freund*innen, Trainer*innen und Vereinskamerad*innen derzeit alles dafür, um den Traum von der Teilnahme bei diesem Wettkampfhöhepunkt in Nairobi wahr werden zu lassen. „Es macht einen schon betroffenen zu sehen, auf was die Jungs und Mädchen dort verzichten müssen. Während wir bei uns durch Fördermittel für den Leistungssport auf unserem Judoweg unterstützt werden, ist das in Südafrika derzeit noch ein Kampf gegen Windmühlen.“ Deshalb sei es auch kaum verwunderlich, dass die südafrikanische Republik trotz ihrer Potenziale derzeit eher eine kleine Rolle im internationalen Wettkampfzirkus spielt, so Janne Ahrenholds Fazit nach zehn Tagen am indischen Ozean.

Aus diesem Grund sehen die NJV-Verantwortlichen auch enorme Möglichkeiten in der Fortführung des Judo-Austauschs mit der Partnerregion. Denn beide Verbände ziehen einen Nutzen aus den sportlichen Begegnungen. Südafrikas Funktionär*innen lernen die deutschen Strukturen kennen. Ihre Athlet*innen könnten enorm davon profitieren, in verschiedenen niedersächsischen Kontexten zu trainieren. Gleichzeitig ist der Besuch des Eastern Capes für niedersächsische Übungsleiter*innen extrem bereichernd. Trainer*innenerfahrungen außerhalb der Komfortzone zu sammeln, sich auf fremde Judoka einzustellen und gleichzeitig auf Englisch zu kommunizieren, bringt sie in ihrem Werdegang weiter voran. Zu guter Letzt ist es natürlich auch aus interkultureller Sicht extrem wertvoll, neue Freund- und Bekanntschaften am anderen Ende der Welt zu schließen.

Ein großer Dank gilt an dieser Stelle deshalb dem Land Niedersachsen, das das Projekt durch seine Mittel aus der Finanzhilfe finanzierte sowie dem LandesSportBund Niedersachsen für die Organisation und Koordination. Außerdem danken wir den verantwortlichen Sportfunktionären am Eastern Cape, allen voran Gugs Adams für den warmen Empfang und die Ausarbeitung des Programms in der Region rund um Gqeberha (Port Elizabeth).

Zuletzt möchten wir unseren neu gewonnenen Judofreunden einen besonders großen Dank ausdrücken. Sondisa Magajana (Vorsitzender des Judoverbands Eastern Cape), Gerald Vena (stellvertretender Vorsitzender des Judoverbands Eastern Cape) und Lwazi Mapitiza (WM-Starter und angehender Trainer am Eastern Cape) haben uns die Besonderheiten ihres Landes und ihrer Kultur nähergebracht und uns täglich auf und neben der Judomatte auf unserer Reise begleitet.

Unter den folgenden Links erfahrt Ihr mehr über das Projekt und die sportlichen und kulturellen Erfahrungen des NJV-Teams am Eastern Cape:

 

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln der Finanzhilfe des Landes Niedersachsen.